Meinrad Walter

Klang und Stille in der Musik

Als der Liedermacher Wolf Biermann 1991 im Schweizer Fernsehen über Johann Sebastian Bachs Kantate Ich hatte viel Bekümmernis meditiert hat, kam er auf seine musikalischen Vorlieben zu sprechen. Es war ein durchaus polyphones Bekenntnis zu Bach, Blues und Flamenco, auch zu Mozart und Schubert. Einen Gitarristen aber lobte Biermann besonders, und zwar wegen seiner Pausen: „… wenn Atahualpa Yupanqui, der alte indianische Meister aus Argentinien, auf der Gitarre die hohe Kunst der tiefen Pausen vorführt, dann denke ich: Jaa – solche Seelenlöcher soll erst mal einer reißen!“
Was sind „Seelenlöcher“? In mystischer Tradition wären es wohl die Momente, in denen das Überflüssige dem Wesentlichen Platz macht. Vielleicht auch der Verzicht auf das Viele, in dem die mit sich selbst einig gewordene Seele die Begegnung mit dem Einen selbst erhofft. Aus dem antiphonalen Gesang der Psalmen ist uns das seit jeher vertraut. Der Asteriskus markiert die Pause, damit die erste Hälfte des Psalmverses nachklingen kann.

Aus Erbe und Auftrag 3/16, Seite 333-335

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