Christiana Reemts OSB

Eine Prostituierte erkennt Gott

Josua 2,9-19

In der Bibel ist immer wieder davon die Rede, dass Gott einzelne Menschen auswählt: Abraham, Mose, David, Maria, Petrus. Das erscheint ungerecht, und in uns rebelliert etwas dagegen, wir wollen keine Diskriminierung. Gott aber diskriminiert ständig, d.h. er macht Unterschiede zwischen den Menschen, die uns willkürlich erscheinen und die wir nicht einsehen. Noch ärgerlicher wird die Sache, wenn nicht einzelne herausgehoben werden, sondern ein ganzes Volk erwählt wird, ohne dass man den Grund dafür angeben könnte, warum Gott gerade dieses kleine Wüstenvolk so bevorzugt. Die Bibel sagt: „...weil der Herr euch liebt und weil er auf den Schwur achtet, den er euren Vätern geleistet hat“ (Dtn 7,8), und Paulus nennt die Juden einen „edlen Ölbaum“, während die Heiden nur „eingepfropfte Zweige vom wilden Ölbaum“ sind (vgl. Röm 11,15-36). Auch Rahab ist eine Heidin, d.h. sie gehört nicht zu Israel, sondern schaut von außen auf dieses Volk. Als Prostituierte hat sie aber auch innerhalb ihres eigenen Volkes eine Außenseiterrolle; sie ist einerseits aufgrund ihrer Tätigkeit eine verachtete Frau, andererseits sehr selbständig, denn sie verdient ihren Lebensunterhalt unabhängig von männlicher Bevormundung.

Aus Erbe und Auftrag 2/21, Seite 232-235

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